Liebes Bodo.
Der Warrior ist verstorben.
Einfach so. Umgekippt und kaputt warer. Zwei Tage nach seinem letzten Wrestlemania-Auftritt, seiner Ehrung als Hall-Of-Famer.
Will nich so tun, als sei das ne große Sache. Wrestler sterben wie die Fliegen in letzter Zeit. Einfaches Zirkusvolk, die meisten davon seelisch und/oder körperlich zerrüttete Säufer, Fixer und Schläger. Nicht unbedingt der Stoff, aus dem Humanoideliten gewoben werden.
Aber ich bin nunmal mit der Kunstfigur des "Ultimate Warrior" aufgewachsen, hab die meisten seiner Matches gesehen und seine Performance immer geschätzt. Weiß bis heute nich, was einen waschechten "Zitterwolf" ausmacht ... aber ein Typ, der sich mit seinem Arbeitgeber zofft und dann seinen bürgerlichen Namen in den der Kunstfigur ändert, nur um den Schlipsträgern die rechtliche Keule an den Verwertungsrechten seines Alter Egos aus der Hand zu schlagen ... das hat was. Nicht unbedingt etwas Heldenhaftes, aber etwas auf kreative Weise Unbeugsames. Und dafür gebührt dem Arsch Respekt. Punkt. Aus. Fickt euch!
EINE SCHWEIGEMINUTE FÜR DEN WARRIOR!
Is das Mindeste, was dem widerspenstigen Drecksack zusteht.
So.
Zurück zur Tagesordnung.
Neben dem leidigen "Abfeier"-Faktor, der Jahr für Jahr jenen wenig zurückhaltenden Mitmenschen vor die Türe lockt, welcher Feste feiert, wo, wann und wie sie feste fallen, setzt der Eurovision Song Contest auch andere Lockmittel frei: seinen internationalen Event-Charakter, den Wettkampf-Gedanken, Nationalstolz und natürlich Musik.
Es verwundert also nicht, daß überaus unterschiedliche Charaktere, die sich ansonsten wenig bis gar nichts mitzuteilen haben - in friedfertiger Gleichgültigkeit aneinander vorbei existierend - beim Thema ESC eine Leidenschaft teilen, welche sie über die Grenzen ihrer intellektuellen bzw. sozialen Stellung hinweg ....
grundlos bis zur Weißglut zu reizen vermag. Der ESC führt Menschen zusammen? Zweifelsfrei. Und zwar in der Regel Menschen, die nicht zusammen passen, nicht zusammen passen wollen und dies auch nicht nötig haben. Zur Völkerverständigung trägt allerhöchstens der ALKOHOL bei, den man auf ESC-Zusammenkünften konsumiert.
Nehmt ma Bodo und mich als Beispiel. Wir zwei beide sind treue Anhänger des ESC, aber ... nun ......... wären wir jemals ernstlich kompatibel mit ..... sagen wir mal ... Frau Schmidt?
Frau E.Schmidt, Betreiberin des Weblogs Eurovision-Berlin, in der "Kommunikations- und Medienbranche" tätig ... PR-Nutte also.
Ihr Blogger-Nutzerprofilbild vermittelt den Eindruck einer aufgeräumten, bodenständigen Persönlichkeit; kompetent und professionell in allem, was sie tut.
Sie analysiert im Weblog die einzelnen Beiträge der Teilnehmerländer, mit Fokus auf persönlicher Referenz, versteht sich, aber auch unter Berücksichtigung politischer, kultureller und musikalischer Hintergründe. Ihr Schreibstil ist schnörkellos, informativ und unprätentiös. Sie geht mitunter hart ins Gericht mit den Interpreten, über den belgischen Sänger schreibt sie beispielsweise:
"Belgiens Vertreter Axel Hirsoux erinnert mich an die Kandidaten aus Dieter Bohlens Show Deutschland sucht den Superstar. Unbeholfen und übergewichtig sieht er aus wie ein unscheinbarer Straßenpassant und verblüfft einzig mit seiner Stimme, die er mit der Attitüde eines klassisch ausgebildeten Opernsängers präsentiert. Wenn dieser 31-Jährige dann aber ein schnulziges Loblied auf seine Mutter anstimmt, fühle ich mich an Hitchcock's Psycho erinnert."
Es ist ebendiese kaltherzige, unnahbare Form von "Kritik", die man von der PR-Nuttigkeit moderner Ausrichtung erwartet. Insbesondere der Hinweis auf des Sängers unbeholfene Übergewichtigkeit läßt, da für den übrigen Kontext in Gänze irrelevant, Rückschlüsse auf die geistige Haltung der Verfasserin zu.
Schon nach dem allerersten, flüchtigen Blick auf Bodo seitens Frau Schmidt beruhte diese zwischenmenschliche Abneigung hoch wahrscheinlich auf Gegenseitigkeit; aus anderen Gründen, sicherlich ... das Prinzip bleibt das gleiche. Wir sind zwei Charaktere, die nicht gut zusammen passen. Wir sind zwei Charaktere, die sich in Bezug auf Qualität niemals würden einigen können; wir teilen weder denselben Humor, noch Musikgeschmack noch Lebenseinstellung ....
ich kenne Frau Schmidts und Frau Schmidts kennen mich.
Verallgemeinerung? Klischee?
Nö, nur leidige Lebenserfahrung!
Ich habe nichts gegen Frau Schmidts. Ich akzeptiere die Herangehensweise von Frau Schmidts an den Song Contest. Ich erkenne den Wert der Meinung von Frau Schmidts an. Ich wünsche allen Frau Schmidts dieser Erde alles nur Erdenkliche ... also durchaus auch das Gute.
Nur möchte ich den Song Contest nicht mit Frau Schmidt gemeinsam erleben.
Auch das beruht GANZ SICHER auf Gegenseitigkeit.
Fleischbeschau. Beklopptenrevue.
Trash-Fernsehn!
Viel wird gejammert über die zunehmende "Skurrilität" beim ESC.
Gerade diese empfinde ich als angenehm und erfrischend.
Weil man sich über die armseligen Kreaturen so wunderschön totlachen kann?
RTLII-Stammseher-Attitüde. Downward-Comparison. Is nicht mein Ding.
Ich lache gerne und ausgiebig über guten Trash ... und schließe ihn fast immer sofort ins Herz.
Ich mag Trash. Vorallem Trash-Musik. Sie steckt voller Elan, hat Herz und Energie und Charakter. Sie gibt mir ein gutes Gefühl, vermag mich mituzureißen, zu begeistern gar. Etwas, was "professionell" ausgeworfenes Chartgerotz oder ach so genialer Klassikgammel nur in seltenen Fällen schafft. Der ESC versorgt mich alljährlich mit neuer Musik für meine Sammlung; Musik, die mir ohne ESC niemals untergekommen wäre.
Natürlich mach auch ich während der Veranstaltung meine Notizen, tippe meine Favoriten und die des europäischen Volkes. Das gehört eben dazu.
Der eigentliche Wert des ESC liegt jedoch im Verlassen seiner eigenen "Comfort Zone". Im Ausbruch aus der selbstverschuldeten Unflexibilität. In der Möglichkeit zur Ergründung neuer Dudeltendenzen, oder alter, längst vergessener.
Ein Fixpunkt. Eine Neukalibrierung der Sinne, des Verstandes und der Wahrnehmung. Nur der ESC bietet genug musisches Chaos feil, um die Ordnung meiner gedanklichen Welt neu ausrichten, wiederherstellen zu können.
Kultureller Austausch ist mir egal. Europa ist mir egal. Wenn Deutschland kläglich scheitert, bin ich eher amüsiert, als verstört. All diese Dinge sind unwichtig.
Es geht auch nicht um die Frage, ob es jemals eine Frau Schmidt zu meinem Herrn Herr geben wird können.
Daher spielt Zwischenmenschlichkeit für mich auch keine Rolle beim Ansehen des Song Contests. Will keine Frau Schmidts, keine ABBA-Transen, keine besoffenen Fähnchen-Schwenker in meiner Nähe haben an diesem Tag. Kein Meinungschiß von außen, nur der ungefilterte Input bizarrer Bilder und Klänge.
Ok, die Alte. Die darf dabei sein. Weil sie da ganz ähnlich drauf is ... weil sie die Schnauze hält, wenns drauf ankommt und weil sie den Trash nicht per se als minderwertig ansieht.
EDIT vom 11.05.14, dem Tag nach dem ESC-Finale
Um mich ma eben kurz selbst zu zitieren ...
"Gestalten wie Thomas Hermanns sind es, die nimmermüde immer wieder öffentlich in Glitzerklamottur auf sogenannten "Grand-Prix-Parties" den ach so traditionellen Schwulenkult rund um den ESC ... Verzeihung, ich meine natürlich Grand-Prix ... zementieren.
Traditionen sind nichts anderes als eine Ausrede für Denkfaulheit. Auch der schwule Mitbürger kann ein reichlich depperter Vollhorst sein; sexuelle Orientierung schützt leider nicht vor Vorurteilen und Dummheit, erst recht nicht vor den/der eigenen. Zusaufen und Abfeiern, uralte Rosenberg-Gassenhauer gröhlen und sich gegenseitig versichern, wie fulminant die Andersartigkeit des Traditionellen einwirken muß auf die doofen Konservativen da draußen, die einfach nicht mit der Zeit gehen wollen und einzusehen haben, daß der ESC ... äh, der Grand-Prix nicht länger ihnen gehört!
Ich wette um Haus und Hof, sollte sich der ESC bis ins Jahre 2030 zu einer Death-Metal-Battle gemausert haben, es stünden nach wie vor tausende ABBA-Transen im Publikum, um ihr Revier zu markieren, in nahezu fanatischer Ignoranz des ihnen musikalisch Präsentierten, mit Glitter, Glamour und Prosecco, in Ewigkeit, Bussi."
...........
So sehr es mich auch freut, daß ausgerechnet die hüftsteifeste Hochkultur, die jemals in Staatsform gezwungen wurde, mit "Rise Like A Phoenix" den ersten ESC-Erfolg seit 1966 einfahren konnte, so bitter bleibt mir die Wurst der Einsicht im Halse stecken, daß auch in den kommenden 59 Jahren die Herrmanns dieser Welt in ihren ABBA-Outfits samt Vollbart durch Europa tigern werden, um ihren geistfreien Hoheitsgebietsanspruch in Zement zu schunkeln.
Ich denke nach wie vor, daß der Song Contest keine Schlager-Party für dusselige Kitsch-Orgien mehr ist. Die Genrevielfalt war dieses Jahr extrem hoch; Qualität und Ausrichtung der Musik breit gefächert; das Abstimmungsverhalten wird fairer und die Moderation der Shows unterhaltsamer; der ESC reift mit jedem Jahr ein bißchen mehr. Der Sieg von Frau Wurst ändert nichts an dieser Annahme; Ihr Song ist KEIN Wohlfühlschlager-Quatsch, ihre Leistung als Performer ernstzunehmen!
Allerdings muß ich meine Hoffnungen in Richtung "Death-Metal-Battle" wohl doch ein wenig zurückschrauben, mich mit der ABBA-Transe auf ein Bierchen treffen und versuchen ... so von "Freak" zu "Freak" ... eine kulturelle Basis zu erarbeiten.
Aber bitte OHNE JOY FLEMING!!!!!! KEINE MARIANNE ROSENBERG!!!
Jedes gutwillige Entgegenkommen stößt auf unüberwindbare Grenzen dann und wann.
↧